Galerie 90 endlich wieder geöffnet

Nach mehr als zwei Jahren pandemiebedingter Zwangspause öffnete am 28. Juli die Galerie 90 in der KJR-Geschäftsstelle ihre Räume für zwei neue Ausstellungen. Seit 1990 zeigt die Galerie 90 im 1. und 4. Stock Ausstellungen, die Themen aus der Kinder- und Jugendarbeit und aktuelle gesellschaftliche Themen aufgreifen.

Im ersten Stock eröffnete KJR-Vorsitzende Judith Greil die Ausstellung „Lang ist’s her – läuft bei mir. Vol. 2“. Vol. 2 verrät es schon, es gab auch schon einen ersten Teil der sog. Ehemaligen-Kampagne. Und auch diesmal hatten sich Ehemalige zur Ausstellungseröffnung eingefunden, um alte Bekannte oder „ihre“ Lieblingspädagog*innen zu treffen. So erzählte Sladana, die 1992 als 16-Jährige erstmals das SBZ Sendling besucht hatte, dass sie und die damalige Clique immer noch regelmäßigen Kontakt zu ihren Pädagog*innen Edi und Sylvia haben, die inzwischen längst verrentet sind. Man trifft sich im Biergarten, hilft beim Umzug und feiert gemeinsam bei Festen im SBZ, wie gerade zum 60-jährigen Einrichtungsjubiläum.

Die Idee zu diesem Ausstellungskonzept lieferte die Frage „Was ist im Laufe der Jahre aus den ehemaligen Besucherinnen und Besuchern unserer Einrichtungen geworden?“ Denn jeden Tag kommen mehr als tausend Kinder und Jugendliche in KJR-Freizeitstätten. Und das schon seit Jahrzehnten. Hat die Zeit beim Kreisjugendring etwas bewirkt? Und falls ja: was?

Schließlich sind sie hier Pädagoginnen und Pädagogen begegnet, haben von ihnen Hilfe und Unterstützung erfahren, aber auch mal eine „Ansage“ bekommen und kontroverse Diskussionen erlebt. Sie sind mit dem KJR in die Ferien gefahren und verbrachten ihren ersten Urlaub im Ausland oder am Meer.

Frauke Gnadl, die sich als Fundraiserin im KJR viel mit Wirkungsorientierung beschäftigt, hatte sich in den 50 KJR-Freizeitstätten umgehört. Es fanden sich mehrere Dutzend Ehemalige, die bereit waren, von damals zu erzählen. Und davon, was sie heute machen. Sie arbeiten als Kundenbetreuerin, in einer Anwaltskanzlei, der eine ist heute Koch mit eigener Catering-Firma, die andere führt einen IT-Betrieb, einer wurde Pressesprecher der Polizei, manche sind schon in Rente. Und einige sind selbst Sozialpädagoginnen bzw. Sozialpädagogen geworden und arbeiten sogar beim KJR.

Sie erzählen, dass ihnen die Quali-Kurse im Jugendtreff zu einem „wahnsinnig guten Notenschnitt“ verholfen haben. Oder dass sie ohne „Freizeitheim“ – so hießen die Freizeitstätten früher – auf die schiefe Bahn gekommen wären. Oder, dass sie hier die Liebe ihres Lebens kennengelernt haben.

Dies sind nur wenige Beispiele aus 67 Portraits und Geschichten. Sie zeigen auch, wie der KJR junge Menschen auf dem Weg zum selbstbestimmten Leben begleitet und unterstützt hat. Und wie wichtig und wirkungsvoll offene Kinder- und Jugendarbeit war, ist und bleibt.

Judith Greil nutzte die Gelegenheit für ein herzliches Dankeschön an alle Kolleg*innen im KJR „Ihr arbeitet heute dafür, dass das Leben von Kindern und Jugendlichen gelingt. Und sehr wahrscheinlich werden diese in 10, 20 oder 30 Jahren gerne an ihre Zeit im KJR zurückdenken!“

 

Einen roten Teppich gab es nicht, aber viel jugendarbeitsaffine Münchner Prominenz hatte sich zur Ausstellungseröffnung von „75 Jahre KJR – mit Geschichte in die Zukunft“ im 4. Stock eingefunden.

Stadtschulrat a.D. Dr. Anton Fingerle, übrigens der erste und langjährigste KJR-Vorsitzende (1945 – 1971) nahm die Gäste in Empfang. Frisch restauriert saß die lebensgroße und sehr echt aussehende Puppe auf einem roten Sessel im 4. Stock und freute sich über die Gäste, die da zur Türe herankamen. Ex-Bürgermeisterin Dr. Gertraud Burkert, die mit dem KJR noch den 60. Geburtstag im Alten Rathaussaal gefeiert hatte, der ehemalige Sozialreferent Frieder Graffe und Fingerles direkter KJR-Nachfolger, Frieder Wehner von der DGB-Jugend, der die KJR-Geschicke von 1971 bis 1976 leitete, wollten sich die Ausstellung ansehen (hatten sie doch auch ihren Teil dazu beigetragen).

Judith Greil durfte auch noch weitere ehemalige Vorsitzende begrüßen: Martin Janke und Elke Geweniger waren da, und auch der erst im Juni offiziell verabschiedete langjährige Geschäftsführer Franz Schnitzlbaumer freute sich, wieder mal Paul-Heyse-Straßen-Luft schnuppern zu dürfen und viele bekannte Gesichter zu treffen.

Für das Ausstellungsprojekt verantwortlich zeichnete Frauke Gnadl aus dem Referat Öffentlichkeitsarbeit, die die schwierige Aufgabe hatte, aus sehr bewegten 75 KJR-Jahren mit unterschiedlichsten Gewichtungen, gesellschaftlichen Herausforderungen und pädagogischen Schwerpunktsetzungen, eingebettet in eine mindestens genauso aufregende Stadtgeschichte eine Ausstellung zu konzipieren, die von den Ausmaßen her in den Flur des 4. Stocks der KJR-Geschäftsstelle passt.

Man kann sich vorstellen, dass 75 Jahre im Allgemeinen, aber ganz speziell bei einem großen Träger wie dem KJR viele Spuren hinterlassen. Alle Inhalte, Erfolge, Herausforderungen der vergangenen Jahrzehnte abzubilden, war ein Ding der Unmöglichkeit. Denn es gibt beim KJR keinen direkten Weg von A nach B. Flexibilität und Vielfalt sind Teil der KJR-DNA und damit wird es schnell ein bisschen unübersichtlich.

Mit Sabrina Ruchti von FaRo-Marketing wurde deshalb ein Ausstellungskonzept entworfen, das die KJR-Chronik und ihre Einbettung in der Stadtgeschichte sichtbar macht, mit Thementafeln pädagogische und fachliche Inhalte deutlich werden und viele Wegbegleiter*innen zu Wort kommen.

Wichtig war den Ausstellungsmacherinnen (und ja, es waren wirklich nur Frauen), dass es nicht nur einen Blick in die Vergangenheit gibt. Schon der Slogan im Logo zu 75 Jahren KJR macht es sichtbar – „1945 bis 2020 – Mit Geschichte in die Zukunft“ – auch die Gegenwart soll bei den Thementafeln und dem „Wir sind KJR“-Banner präsent sein.

Für die Chroniktafeln gab es jede Menge Material zu sichten. Und bei jeder Runde musste aussortiert und gestrichen werden und es wurde und wurde nicht weniger. Auch bei den Thementafeln war eine strikte Prioritätensetzung erforderlich und es konnte nur ein winziger Teil der Themen und Aufgaben, denen sich der KJR in 75 Jahren gewidmet hat, berücksichtigt werden.

Neben Anton Fingerle (stellvertretend hat seine Tochter Brigitte Fingerle-Trischler das Wort für ihn ergriffen) haben alle Vorsitzenden seit 1945 und auch der langjährige Geschäftsführer Franz Schnitzlbaumer und seine Nachfolgerin Claudia Caspari in kurzen Abschnitten erzählt, was das wichtigste/schönste/bemerkenswerteste Ereignis während ihrer Amtszeit war.

Es gibt sehr viele Personen, die den KJR in den 75 Jahren begleitet haben. Das hätte Material für eine weitere Ausstellung gegeben, aber auch hier gab es eine Lösung: Kleine Tafeln von Wegbegleiter*innen mit ihren Erinnerungen zu „Denk ich an den KJR, denk ich an …“ – hier kommen dann Dr. Charlotte Knobloch, Alt-OB Christian Ude oder auch Wolfgang Wenger zu Wort.

Loomit hatte eigens für die Ausstellung ein Graffiti gemacht und damit seine langjährige Verbundenheit mit dem KJR zum Ausdruck gebracht.

KJR-Vorsitzende Judith Greil blickte mit einem „gut gemacht“ auf die vergangenen 75 Jahre und auch im 77. Jahr setzt sich der KJR für junge Menschen in München ein und sorgt dafür, dass sie gehört werden, das meint auch Bürgermeisterin Verena Dietl: „Denk ich an den KJR, denk ich an eine starke Stimme für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die eine wichtige Rolle in unserer Stadt spielt. Der KJR würde fehlen, weil er tollen, engagierten Menschen eine Möglichkeit zur Vernetzung und Zusammenarbeit bietet und aus dieser Stadt nicht wegzudenken ist.“

Die Galerie 90 ist Mo bis Fr von 9-16 Uhr geöffnet. Die Ausstellung 75 Jahre KJR ist auch als virtuelle Ausstellung verfügbar: www.kjr-m.de/75. Zudem gibt es einen Audioguide.

Angelika Baumgart-Jena, Öffentlichkeitsarbeit, KJR